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Review: Borderlands 2 im Test

Gearbox Software hat nun endlich den Nachfolger des erfolgreichen First-Person-Shooter/Rollenspiel-Hybriden „Borderlands“ veröffentlicht, der die Geschichte um den Planeten Pandora und die mystischen „Kammern“ fortsetzen soll. Kann „Borderlands 2“ einen Volltreffer landen oder endet es als magerer Skag am Kühlergrill unseres Banditenbuggies?

Borderlands 2 logo Review: Borderlands 2 im Test

Story & Einzelspieler:

Die Geschichte von „Borderlands 2“ beginnt einige Zeit nach den Ereignissen von „Borderlands“, in denen die vier „ursprünglichen“ Kammer-Jäger, im englischen Original „Vault Hunter“ genannt, sich durch gefährliche Situationen kämpfen, um die unschätzbaren Reichtümer der Kammer für sich zu gewinnen. Als sie schließlich die Kammer öffnen, bricht aus dieser ein Tentakel-Ungetüm heraus, dass die Kammer-Jäger enttäuscht und ohne Beute lässt – an diesem Punkt endete die Geschichte von „Borderlands“. Nun erfahren wir, dass das Öffnen der Kammer doch einen Effekt hatte – auf dem ganzen Planeten sprießt der Rohstoff „Eridium“ aus dem Boden. Das lockt den Hyperion-Konzern an, deren Chef Handsome Jack den Rohstoff massenhaft schürfen lässt. Grund dafür sind die Gerüchte, dass die aus Teil 1 bekannte Vault nicht die einzige auf dem Planeten sei – es soll noch eine viel größere Kammer geben, die weitere Beute enthalten soll. Öffnen kann man diese laut Erzählungen nur mit einem Schlüssel, der durch die mystischen Kräfte des Eridiums geladen werden muss. Bösewicht Jack, der die Bevölkerung des Planeten grausam unterwirft, will die Kammer öffnen, um seinen Reichtum und seine Macht zu erweitern. Aber auch Kammer-Jäger, die teils von weit entfernten Planeten anreisen, haben von der neuen Kammer erfahren und hoffen auf ihr Glück. Darunter sind auch unsere vier Helden: Axton, ein ehemaliger Kommandosoldat der Dahl Corporation, Maya, eine Sirene mit magischen Kräften, Salvador, ein Waffennarr und Ureinwohner Pandoras, sowie Zero, ein Cyber-Ninja mit zweifelhafter Vergangenheit. Auf ihrer Reihe zu einem gemeinsamen Ziel werden sie im Schwebezug von Hyperion-Schergen attackiert und landen, dank einer Bombenexplosion, in einer verschneiten Tundra. Dort werden sie von Claptrap, dem aus dem Vorgänger bekannten, pausenlos plappernden Steward-Bot, entdeckt, aus dem Schnee gezogen und in seine beheizte Unterkunft gebracht. Gemeinsam wollen sie sich auf den Weg nach Sanctuary machen, einer Rebellenhochburg, in der die „Crimson Raiders“ ihren Sitz haben. Diese lehnen sich gegen Handsome Jack’s Tyrannei auf und haben einige bekannte Gesichter in ihren Reihen.

Anders als in „Borderlands“ wird man nun wirklich in eine gut und clever konstruierte Story voller interessanter und überraschender Charaktere gezogen, die einen stets zum Weiterforschen und -spielen motiviert. So treffen wir beispielsweise auf die Redneck-Cousine von Mechaniker Scooter, die sich einen Dreck um ihr Übergewicht schert und stattdessen selbstbewusst mit ihren Pfunden umgeht – oder die verwaiste Tiny Tina, die ihre Zeit zum Perfektionieren ihrer Bombenbaufähigkeiten genutzt hat und nun als „tödlichste 13-Jährige von Pandora“ gehandelt wird.

Auch weiß „Borderlands 2“, den nerdig-albernen Humor so gut zu dosieren, dass man nie genervt wird. Überall findet man kleine Überraschungen, die einen so unvorbereitet treffen, dass man lachend den Controller zur Seite legen muss. Clevere Popkultur- und Videospiel-Referenzen finden sich auch, Seitenhiebe vom wahnsinnigen „Batman“-Verschnitt bis zu Clint Eastwood-Referenzen findet sich so einiges an Gold für Easter-Egg-Jäger. Es findet sich sogar ein ganzer Bereich, der sich einem Gewissen Bergbau-Spiel widmet und durch dieses inspirierte Waffen bereithält.

Gameplay:

Es ist schwer, die zwei „Borderlands“-Spiele in eine typische Genreschublade zu stecken, ohne den Spielen Unrecht zu tun. Die Entwickler von Gearbox haben es geschafft, eine funktionierende Mixtur aus Shooter und Rollenspiel zu schaffen, die sie selbst Shoot’n’Loot tauften. So spielt man das Spiel aus der Ego-Perspektive und wehrt sich stets mit Feuerwaffen und Nahkampfangriffen gegen Feinde. Anders als in „regulären“ modernen Shootern  lassen erledigte Feinde jedoch Waffen mit rollenspieltypischen Stats fallen, NPCs vergeben Quests, überall lassen sich Loot-Behälter mit Munition, Geld und Ausrüstung finden, ihr steigt Stufen auf, könnt Skillpunkte verteilen und es treten einem oft mächtige Gegner in dem Weg, die besonders interessante Waffen und Ausrüstung fallen lassen.

Besonders an diesen Waffen ist jedoch, dass diese zufällig generiert werden. So wird es Spielern im späteren  Spielverlauf schwer fallen, zwei identische Waffen zu finden. Unterschiede können sich die Waffen in vielen Bereichen: Es gibt unzählige Läufe, Griffe, Visiere, Abzüge, Magazine, Bajonette, Schulterstützen, Verkleidungen und Lackierungen, die sich direkt auf die Stats auswirken. Neben den verschiedenen Bauteilen wurden Waffen teilweise auch mit Elementareffekten ausgestattet. Feinden kann man so auch mit Feuer-, Elektro-, Säure-, Explosiv- und Slag-Waffen nerven, wobei Letztere eine Neuerung darstellen, mit welchen man Feinde empfindlicher für Schaden jeglicher Art machen kann.  Auch sind diese Waffen stets mit Namen versehen, die besondere Aspekte des Schießeisens verraten und betonen. Jedoch sind nicht alle Teilkombinationen gleich wahrscheinlich. Gearbox hat das etablierte System aus dem Vorgänger übernommen, in dem die Seltenheit eines Ausrüstungsgegenstandes durch die Färbung des Namens angegeben wird. So sieht die Ordnung aus: Weiß – Grün – Blau – Violett – Orange. Orange Waffen werden als „legendär“ kategorisiert und bieten meist einzigartige Funktionen, die sich nicht auf den ersten Blick feststellen lassen. So gibt es Maschinenpistolen, die eure Handlungen kommentieren, Schrotflinten, die beim Nachladen euren Gegnern hinterherfliegen, dabei feuern und beim Einschlag explodieren, oder auch eine Flinte, deren Geschosse sich nach kurzer Flugzeit in drei Richtungen aufspalten und so massiven Schaden anrichten. Gleiches gilt aber auch für andere Gegenstände, die euer Charakter nutzen kann: Es gibt Schilde, die eure Gesundheit vor Schäden schützen, Granaten-Mods, die eure langweilige Standardgranate in eine zielsuchende, ätzende und gesundheitsraubende Streubombe verwandeln, Charaktermods, die Stärken eures Charakters betonen und buffen, sowie Relikte, die eure Fähigkeiten in spezifischen Bereichen erhöhen. Hier wollen wir Gearbox definitiv ein massives Lob aussprechen und auf die extreme Kreativität und humorvolle Gestaltung hinweisen. Obwohl der Vorgänger schon unübertrefflich schien, hat man hier noch eine Schippe drauflegen können und noch irrsinnigere und spaßigere Ausrüstung geschaffen.

Eine weitere Besonderheit sind die „Actionskills“, die euer Charakter ausführen kann. Diese hängen von der Klassenwahl ab, die ihr zu Beginn des Spiels getroffen habt. Kommando Axton, wie schon der Soldat im Vorgänger, kann ein automatisiertes Geschütz werfen, die Sirene Maya kann Feinde in einer magischen Blase wehrlos in der Luft schweben lassen, Gunzerker Salvador kann in einem adrenalinrauschartigen Modus zwei Waffen im Dauerfeuer benutzen, Cyberninja Zero kann ein Hologramm erzeugen und sich unsichtbar in den Rücken der Feinde schleichen, um zerstörerische Nahkampfangriffe mit seinem Katana durchzuführen.  Ausführen kann man diese, sobald man die Stufe 5 erreicht hat – ob nun das Erledigen von Gegnern oder Quests. Mit jedem weiteren Level schaltet man ab dieser Stufe einen Skillpunkt frei, den man in den Skilltree der Charaktere investieren kann, der nützliche Fähigkeiten bereithält. So kann man das Kommando-Geschütz mit Raketenwerfern und Miniatomwaffen ausstatten, oder Maya die Fähigkeit geben, Verbündete mit Patronen heilen zu können. Möglich ist es aber auch, einzelne Attribute wie Waffenschaden oder Schildkapazität zu stärken. Alle diese Fähigkeiten und Skills sind sehr nützlich im Kampf gegen die Wilden und Wahnsinnigen auf Pandora, die Wahl eures Charakters und eurer Klasse liegt allein bei euch und euren Präferenzen. Jedoch, als ein Ratschlag von uns, sollte man bei dieser Wahl überlegen, ob man mit diesem Charakter nur alleine im Singleplayer spielen will, oder doch gemeinsam mit Freunden im Koop-Modus. So ist Axton eine exzellente Wahl für den Einzeldurchgang, da er mit dem Geschütz einen starken Unterstützer hat. Salvador hingegen kann seine Stärke eher im Koop-Modus nutzen, um dort als „Tank“ zu dienen und die Aufmerksamkeit der Feinde auf sich zu ziehen. Insgesamt lassen sich sowieso recht überraschend offensichtliche Rollenspielparallelen in der Klassengestaltung erkennen: Maya als Healer, Salvador als Tank, Axton und Zero als Damage Dealer. Natürlich sind die Rollen eingeschränkt variabel, so scheint es unserer Erfahrung nach aber gut zu funktionieren.

Mit dabei sind auch wieder Fahrzeuge, die ihr euch an den Catch-A-Ride-Stationen vom Hinterwäldler-Mechaniker Scooter digital konstruieren lassen könnt. Diese sind häufig in weitläufigen Gebieten verfügbar, um größere Distanzen zu überbrücken. Man hat die Wahl zwischen mehreren Modellen, die man individuell mit Waffen und Lackierungen ausstatten kann.

Wie ihr vielleicht schon gemerkt habt, gab man sich bei Gearbox Software sehr viel Mühe, so viel Anpassbarkeit wie möglich in das Spiel einzubauen. Neu sind nun Skins, die ihr für eure Charaktere und Fahrzeuge finden könnt. Sobald ihr diese aus eurem Inventar aus aktiviert habt, könnt ihr diese an den neuen Umziehstationen (oder Catch-A-Ride-Station für Fahrzeugskins) austesten. Dort könnt ihr den Kopf eures Charakters sowie sein Outfit anpassen. Das hat zwar keine spürbaren Effekte, ist aber eine Freude für Individualisten.

Der Schwierigkeitsgrad von „Borderlands 2“ ist variabel und passt sich den Fähigkeiten des Spielers an. Jedoch gibt es feste Grenzen, die das Spiel zieht: Ihr könnt nahezu jeden des Spiels jederzeit betreten – die Feinde in diesen Bereichen sind jedoch nicht „gescaled“, was bedeutet, dass sie nicht an eure Fähigkeitsstufe angepasst sind. Als Level 4-Charakter wird es, das versprechen wir, so einige Schwierigkeiten geben, einen Level 15-Gegner zu überwältigen. So wird garantiert, dass man nicht zu weit vorauseilt und Gebiete entdeckt, bevor deren Blütezeit kommt.

Grafik & Sound:

Die allgemeine Präsentation von „Borderlands 2“ ist großartig. Die optische Qualität, trotz zugegeben in die Jahre gekommener Hardware, wunderbar anzusehen. Der alternative Grafikstil ist wieder sehr gut umgesetzt worden, Charaktere scheinen wie eine Mischung aus Comic und Realität. Von verschneiten Gletschern über trockene Wüstendünen bis zu plätschernden Gebirgsbächen ist in Sachen Spielwelt viel Abwechslung vorhanden. Die Umgebungen wirken sehr lebendig, da man immer irgendwie etwas findet, dass einem das Gefühl vermittelt, nicht ganz allein zu sein: wabbelnde Insektenbauten auf eurem Weg, knarzende Eisplatten unter euren Füßen, kreischende Riesenfledermäuse die über euren Köpfen kreisen oder der sanfte Wind, der durch das Gras streift. In diesem Punkt können wir eine klare Verbesserung zum Vorgänger feststellen, in welchem man sich manchmal vorkam, als hätte man alle Sinne deaktiviert.

Wir müssen aber auch ein Problem feststellen, welches nicht nur die PlayStation-Fassung von „Borderlands 2“ plagt. Die Texturen laden, wenn man ein neues Gebiet betritt, vor euren Augen von Matsch- zu Normalzustand. Während des normalen Spielflusses trifft man nur auf das Problem, wenn man Behälter öffnet. Vielleicht hätte man diesen Prozess durch etwas längere Ladezeiten vorbeugen können.

Lobenswert ist auch der Soundtrack von „Borderlands 2“. Die atmosphärischen Stücke, die im Hintergrund laufen, haben einen sehr passenden Unterton, der zu der an sich schon dichten Stimmung beitragen – uns erinnerten einige Titel sogar an den Soundtrack des altehrwürdigen „Ratchet & Clank 3“.

Die deutsche Synchronisation ist auch gut gelungen, jedoch raten wir jedem, der Englisch gut versteht, die Originalsynchronisation zu verwenden. Der arrogant-wahnsinnige Charakter von Bösewicht Jack kommt erst richtig gut rüber, wenn man ihn mit selbstgefällig-lockerer Stimme über sein Diamantpony „Buttstallion“ reden hört.

Multiplayer:

Wie schon der Vorgänger bietet „Borderlands 2“ einen 4-Spieler-Online-Koop-Modus sowie einen konsolenexklusiven Splitscreen-Koop-Modus. Jedoch gibt es keine externe Koop-Storyline, man spielt stattdessen die umfangreiche Hauptstory des Spiels – nur eben mit weiteren Mitstreitern an seiner Seite. Man kann problemlos bei Freunden einsteigen, die sich eigentlich in einer Singleplayer-Session befinden – natürlich nur, wenn diese das vorher erlaubt haben. Man hat zusätzlich die Option, bei fremden Spielern einzusteigen, die ihre Lobby der Allgemeinheit geöffnet haben.

In unseren Tests lief der Splitscreen-Koop-Modus auch sehr flüssig, wir konnten in heftigen Feuergefechten keinerlei Slowdowns oder andere Performanceprobleme feststellen.

Im Mehrspielermodus ändern sich einige Mechanismen des Spiels: Alle Geld-Pick-Ups wandern in die Kasse aller Mitspieler, Munition wird jedoch nur bei Überschuss an andere Kämpfer übertragen. Erfahrungspunkte für das Töten von Feinden und das Abschließen von Quests gehen an alle Spieler, das Entdecken von Orten oder Wiederbeleben von Spielern rechnet nur einem Spieler XP an. Ganz kritisch wird es bei seltenen Loot-Drops: Besiegt man beispielsweise einen mächtigen Zwischengegner, so lässt der nur einen mächtigen Ausrüstungsgegenstand fallen – egal, ob nun ein oder vier Spieler in der Lobby sind. Hier muss man sich auf seine Mitspieler verlassen können und hoffen, dass einem kein Egoist die legendäre Waffe vor der Nase wegschnappt.

Viele Spieler und Fans der Franchise sehen den Mehrspielerpart des Titels als Pflichtprogramm für jeden Kammer-Jäger und werfen ein verachtendes Auge auf einsame Wölfe, die sich allein durch die Ebenen von Pandora kämpfen. Wir wollen hier aber betonen, dass „Borderlands 2“ im Einzeldurchgang sehr, sehr viel Spaß macht – dieser wird durch die Anwesenheit von Kollegen und Kumpanen nur multipliziert. Macht euch also keine Sorge, wenn ihr keine Mitstreiter parat habt, auch alleine macht „Borderlands 2“ mächtig Laune!

Fazit:

Wir sind uns sicher, dass „Borderlands 2“ in die Videospielgeschichte eingehen wird – als ein Titel, der merklich aus Leidenschaft und Freude, nicht aus Profitwunsch und Druck von oben entstanden ist. Die Entwickler von Gearbox haben eine zauberhaft-legere Mischung aus Action und Humor, aus Intelligenz und Wahnsinn, aus Leichtigkeit und Schlagkraft geschaffen, wie wir es in den letzten Jahren selten gesehen haben. Wenn man denn keine krankhafte Abneigung gegen Shooter oder sanfte WRPGs hat, dann sollte, nein, dann muss man sich „Borderlands 2“ zulegen.

Borderlands 2 Review Bewertung 9.5 Review: Borderlands 2 im Test

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